Das Modellangebot bei Elektroautos ist noch recht überschaubar. Für viele ist einfach noch nicht das passende Auto dabei. Andere schreckt die unbekannte Technik ab, wieder andere haben Angst ob der Reichweiten um 200 bis 400 Kilometer ohne Strom liegen zu bleiben. Auch die Frage, wie und wo ich Strom für das Elektroauto bekomme, lässt viele beim Kauf zögern. Und nicht zuletzt sind viele Elektroautos in der Anschaffung teurer als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Aber sind diese Bedenken berechtigt, oder vielmehr was ist an diesen Befürchtungen dran?
Die Modellvielfalt
Die Zahl der verschiedenen Elektroautos ist in der Tat noch sehr überschaubar. Viele Hersteller haben wenn überhaupt nur ein oder zwei Modelle aus ihrer breiten Palette elektrifiziert. So gibt es zwar Klein- und Kompaktwagen an einem und Luxusfahrzeuge am anderen Ende, aber dazwischen klafft eine gewaltige Lücke bei Familienautos, Kombis und Vans. Für die kommenden beiden Jahre sind aber zahlreiche neue Modelle angekündigt, so dass die Modellvielfalt bis 2020 viel breiter gefächert sein wird.
Die Technik
Elektroauto? Das ist doch alles bestimmt total kompliziert? Im Gegenteil! Derzeit gibt es kein einfacheres Prinzip, um mechanisierten Vortrieb in einem Fahrzeug zu generieren. Der Verbrennungsmotor hat hunderte bewegliche Teile, der Elektromotor etwa 30. Das Elektroauto braucht kein Getriebe, keine Anbauaggregate und keine Abgasreinigung. Für die Nutzerin oder den Nutzer beschränkt sich die Wartung auf das Nachfüllen des Wischwassertanks und der Druckkontrolle der Reifen. Das Elektroauto ist unabwürgbar und kennt weder Kaltstart noch erhöhten Verschleiß bei Kurzstrecken. Die Kenngrößen beschränken sich auf nur drei Zahlen: Batteriekapazität, Motorleistung und Ladeleistung.
Die Batteriekapazität
Die Kapazität einer Batterie wird in Amperestunden (Ah) oder öfters in Kilowattstunden (kWh) angegeben. Die Kilowattstunden sind das Produkt aus Amperestunden und der Batteriespannung in Volt (V).
Watt ist die elektrische Einheit für Leistung. Ein Kilowatt sind 1.000 Watt (W). Multipliziert man die Leistung mit einer Zeiteinheit, zum Beispiel Stunden (h), bekommt man kWh, die Einheit für Arbeit oder Energie. Lässt man eine Glühbirne mit 100 Watt zehn Stunden lang brennen (100 W * 10h), hat sie eine Kilowattstunde (kWh) Arbeit in Form von Licht und Wärme geleistet. Die Batteriekapazität in kWh gibt also an, wie viel Arbeit der Elektromotor mit der mitgeführten Energie leisten kann.
Für ein Rechenbeispiel nehmen wir an, dass der Elektromotor bei konstanter Fahrt mit 100 Kilometer pro Stunde (km/h) 10 Kilowatt Leistung braucht. Die Batterie hat eine (Arbeits-)Kapazität von 30 kWh. Der Motor kann also drei Stunden laufen, bevor die Batterie leer ist (10 kW * 3 h = 30 kWh) und hat dabei das Auto 300 Kilometer weit bewegt.
Umgedacht auf die Verbrennerwelt sind die kWh also das Pendent zum Tankinhalt in Litern.
Übrigens: In einem Liter Benzin stecken ungefähr 10 Kilowattstunden Energie. Warum aber kann das Elektroauto mit der gleichen Energie wie drei Liter Benzin 300 Kilometer weit fahren? Die Antwort ist die Energieeffizienz. Während ein Verbrennungsmotor im Idealfall aus der Energie des Kraftstoffs nur 30 bis 40 Prozent Bewegung erzeugt – der Rest ist Wärme – verwandelt der Elektromotor 90 bis 95 Prozent der Energie in Vortrieb.
Die Motorleistung
Wie bei herkömmlichen Motoren auch, wird die Leistung eines Elektromotors in Kilowatt (kW) angegeben. Kilo bedeutet 1.000 – also sind 1 kW = 1.000 Watt (W). Obwohl sich beide Motorenarten der gleichen Einheit bedienen ist ein direkter Vergleich der Leistung schwer. Denn ein Elektromotor hat über nahezu den gesamten Drehzahlbereich das volle Drehmoment. Er muss also erst nicht auf eine gewisse Umdrehungszahl kommen, um seine volle Kraft zu entfalten. Daher braucht der Elektromotor auch kein Getriebe im klassischen Sinn. Da der Motor schneller als die Achse dreht, setzt ein eingängiges Reduziergetriebe lediglich die Drehzahl herab. Zum Rückwärtsfahren polt die Elektronik einfach den Motor um, so dass er sich andersherum dreht. Begrenzer verhindern dabei, dass das Fahrzeug im „Rückwärtsgang“ die gleiche Beschleunigung in Endgeschwindigkeit wie im „Vorwärtsgang“ erreicht.
Durch das direkt anliegende Drehmoment fährt sich ein Elektroauto mit gerade mal 70 Kilowatt Leistung bei Geschwindigkeiten bis 70 Stundenkilometer wie ein Verbrenner mit der nahezu doppelter Leistung. Beim Ampelstart braucht es auf der Verbrennerseite noch höhere Leistungen, um mit dem Drehmoment des Elektromotos mithalten zu können. Beim Elektroauto braucht es also ein bisschen Umgewöhnung, um zu wissen, was Leistungsangaben des Motors auf der Straße bedeuten.
Die Ladeleistung
Wie schnell kann das Elektroauto aufladen? Hier kommt es auf die maximale Ladeleistung an. Auch diese Leistung wird in Kilowatt angegeben. Dabei ist Kilowatt das Produkt aus Strom (A) und Spannung (V) Watt = Volt * Ampere. Jedes Auto kann mit Wechselstrom (AC) aus einer normalen Haushaltssteckdose aufladen. Hier stehen dauerhaft aber nur zwei bis zweieinhalb kW zur Verfügung. Da die Spannung an der normalen Haushaltssteckdose in Europa bei 230 Volt liegt, können wir den Ladestrom einfach ausrechnen: 2.500 W / 230 V = 10,9 Ampere.
Wie lange dauert es aber nun an einer Haushaltssteckdose ein Elektroauto zu laden. Hierzu brauchen wir die Batteriekapazität in kWh. Hat die Batterie 25 kWh und wird mit 2,5 kW geladen, dauert es zehn Stunden (h) um die Batterie von ganz leer bis ganz voll zu laden (25 kWh / 2,5 kW = 10 h). Ist der Durchschnittsverbrauch des Fahrzeugs bekannt, kann man auch ausrechnen, wie viele Kilometer in einer Stunde nachgeladen werden. Der Einfachheit halber gehen wir wieder von 10 kWh pro 100 km aus. Um 10 kWh oder eben 100 Kilometer nachzuladen bräuchte es in unserem Beispiel vier Stunden. In einer Stunde lädt das Auto also genug Strom für ein Viertel von 100 Kilometern, also 25 Kilometer (100 km / 4 h = 25 km/h Ladegeschwindigkeit)
Nun will aber niemand eine Stunde warten, um 25 km weit fahren zu können. Die Haushaltssteckdose ist also nur bedingt geeignet, ein Elektroauto aufzuladen. Zumal mit größeren Batterien mit mehr kWh Kapazität die Ladezeit ansteigt.
Viele Autos können daher mit höheren Leistungen oder mit Drehstrom laden. Dreh- oder Dreiphasenwechselstrom kennt man im Haushalt vom Herd. Dieser wird nicht einfach in die Steckdose gesteckt, sondern hat einen Anschluss mit fünf Adern. Diese sind eine Erdung, ein Nullleiter und drei mal 230 Volt Wechselstrom. Wobei die Phasen des Wechselstroms untereinander verschoben sind. Hierdurch sind größere Leistungen möglich.
Hat man einen Lader der drei Phasen mit 16 Ampere pro Phase nutzt, kommt man auf rund 11 kW Leistung (3 * 16 A * 230 V = 11.040 W = 11 kW). Jetzt könnte unser Beispielauto Strom für 110 Kilometer in einer Stunde nachladen. Die Batterie wäre in etwa 2,5 Stunden vollständig aufgeladen. Der Vorteil ist, dass unser Stromnetz mit eben diesem Dreiphasen-Wechselstrom funktioniert. Das heißt es gibt ihn an jedem Haus, Büro- oder Industriegebäude. Eine Übersicht der Fahrzeuge und ihrer AC-Ladeleistung finden Sie im Anhang.
Aber es geht noch schneller. Fast alle modernen Elektroautos können mit Gleichstrom (DC) schnellladen. Hier stehen derzeit Ladeleistungen von 50 bis 120 Kilowatt zur Verfügung. Perspektivisch wird die Leistung bis auf über 200 Kilowatt steigen. Da die Technik, um aus dem netzüblichen Wechselstrom Gleichstrom zu machen, verhältnismäßig teuer ist, finden sich solche Schnellladestationen überwiegend im öffentlichen Raum. Eine private oder gewerbliche Anschaffung lohnt sich nur bei großen Flotten.
Derzeit gibt es drei verschiedene Standards für das Schnellladen mit Gleichstrom. Die europäischen Hersteller und Hyundai benutzen CCS (Combined Charging System , seltener auch „Combo 2“ genannt). Der CCS-Stecker baut auf dem europäischen Standardstecker Typ 2 Mennekes auf.
Asiatische Hersteller sowie Citroen und Peugeot verwenden derzeit CHAdeMO, eine japanische Erfindung. Auch Tesla kann über einen Adapter an CHAdeMO mit Gleichstrom laden. Moderne Schnellladesäulen bieten in der Regel sowohl ein CCS als auch einen CHAdeMO-Anschluss an. So dass man dort mit allen modernen DC-fähigen Elektrofahrzeugen laden kann. Mittelfristig ist zu erwarten, dass alle in Europa angebotenen Elektroautos mit CCS laden.
Tesla hat mit seinen Superchargern ein eigenes DC-Schnellladesystem. Dies liegt aber nicht daran, dass Tesla sich nicht einer bestehenden Norm anschließen wollte. Zur Markteinführung des Tesla Model S im Jahr 2012 (USA) und 2013 (Europa) gab es schlicht keinen DC-Schnellladestandard, der den Ansprüchen von Tesla in Sachen Leistung entsprach. Daher waren sie gezwungen ein eigenes System zu etablieren. In Europa basieren die Supercharger auf dem Typ2-Mennekes Stecker. So dass das Fahrzeug über den gleichen Anschluss an einer normalen Steckdose mit Wechselstrom (eine oder drei Phasen) und am Supercharger laden kann. Inzwischen hat Tesla ein eigenes europaweites Schnellladenetz, mit dem nahezu jedes Ziel problemlos zu erreichen ist.
Auch das Ladenetz für CCS und CHAdeMO wächst in Deutschland und Europa in einem rapiden Tempo. Damit sind auch mittlere oder gar längere Strecken mit vielen Elektroautos kaum noch ein Problem
Das Elektroauto
Warum überhaupt ein Elektroauto? Das Elektroauto ist dem Auto mit Verbrennungsmotor bis auf eine Ausnahme in allen Disziplinen überlegen. Der Elektromotor ist energieeffizienter, Leistungsfähiger, leiser und laufruhiger als ein Verbrenner. Phänomene wie Kaltstart oder erhöhter Verschleiß bei vielen Kurzstrecken sind ihm unbekannt. Der Motor selbst braucht keinen Ölwechsel und keine komplizierten Anbauaggregate. Das Getriebe ist ein festes Untersetzungsgetriebe mit einem festen Gang. Durch die Rekuperation – also die Umwandlung der Bewegungsenergie in elektrische Energie beim Verzögern führt zu einem signifikant niedrigeren Bremsenverschleiß und damit zu einer deutlich geringeren Feinstaubproduktion durch Bremsenabrieb. Die elektrische Energie wird in der Batterie gespeichert und erhöht damit die Reichweite und Effizienz des Fahrzeugs.
Einige Hersteller setzen auf „One Pedal Drive“ also das Fahren mit nur einem Pedal. Die Autos haben natürlich weiterhin mechanische Bremsen und das entsprechende Pedal. Beschleunigung und Verzögerung per Rekuperation liegen auf dem „Fahrpedal“. So ist auch das Fahren im Stadtverkehr deutlich komfortabler und einfacher.
Um den Unterschied zwischen den beiden Antriebstechniken wirklich zu erleben, hilft nur eine Probefahrt in einem elektrisch angetriebenen Auto. Die fehlenden Vibrationen und der fehlende Lärm des Verbrennungsmotors vermitteln ein völlig neues Fahrgefühl. Die unmittelbare Beschleunigung des Elektromotors über den fast gesamten Drehzahlbereich macht selbst Kleinwagen wie den Smart Electric Drive oder den Renault ZOE so spritzig und agil wie Autos mit einem deutlich stärkeren Verbrennungsmotor.
Das Elektroauto ist also in erster Linie ein Gewinn an Komfort und Fahrspaß für die Insassen. Dabei hat es den positiven Nebeneffekt, dass es die Umweltauswirkungen unserer individuellen Mobilität deutlich verringern kann. Der Elektromotor benötigt noch nicht mal ein Drittel der Energie wie ein Verbrennungsmotor. Dabei ist das Elektroauto lokal emissionsfrei und erzeugt deutlich weniger Verkehrslärm. So können sie Städte deutlich lebenswerter machen. Zwar gibt es ab etwa 30 Stundenkilometern auch hörbare Wind und Abrollgeräusche, doch trägt diese Geräuschskulisse nicht annähernd so weit, wie die eines Verbrennungsmotors. Aus einer Entfernung von nur wenigen Metern ist das Elektroauto auch bei höheren Geschwindigkeiten nahezu geräuschslos.
Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen kann Strom regenerativ gewonnen werden, ohne dabei mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz zu treten, wie es etwa bei Biokraftstoffen der Fall ist. So wird die Emission eines Elektroautos nicht nur aus der Stadt in ein fossiles Kraftwerk verlagert sondern entfällt fast komplett.
Der Energieaufwand, um ein Elektroauto herzustellen ist jedoch höher, als die Produktion eines Autos mit Verbrennungsmotor. Da die Herstellung der Zellen und Batterien energieaufwendig ist. Die gute Nachricht ist aber, dass der größte Anteil bei der Produktion elektrische Energie ist, die ebenfalls erneuerbar gewonnen werden kann. Einige Hersteller wie Tesla setzen daher schon heute bei der Produktion ihrer Zellen und Batterien auf erneuerbare Energien um den CO2-Rucksack bei der Produktion des Fahrzeugs möglichst gering zu halten.
Wer ein Elektroauto fährt, sollte natürlich darauf achten, es möglichst mit Ökostrom aufzuladen. Hier empfiehlt es sich, einen Anbieter zu wählen, die auch aktiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren. Die größten Anbieter sind hier Lichtblick, Naturstrom, EWS oder Greenpeace Energy. Aber es gibt zahlreiche weitere Stromanbieter, die echten Ökostrom verkaufen. Bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur wird zum überwiegenden Teil Ökostrom geliefert.
Und selbst wenn das Auto mit dem vergleichbar schmutzigen deutschen Strommix geladen wird, erzeugt es deutlich weniger CO2 als ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor. Zwar haben wir in Deutschland einen Anteil von gut 30 Prozent Ökostrom im Strommix, die schmutzigen und CO2-intensiven Braunkohlekraftwerke verhageln aber die Bilanz
Infobox: 2015 fielen im deutschen Strommix pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) 535 Gramm CO2 an.
- Ein Tesla Model S braucht 21 kWh / 100 km. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 11,235 kg / 100 km.
- Ein vergleichbarer Audi A7 3,0 TDI braucht 8 Liter Diesel / 100 km. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 21,12 kg / 100 km.
- Ein vergleichbarer Audi A7 3,0 TSFI braucht 11,8 Liter Benzin / 100 km. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 27,494 kg / 100 km.
Auch in der Mittelklasse ist diese Rechnung positiv für das Elektroauto:
- eGolf (116 PS): 16,64 kWh / 100 km = 8,902 kg CO2 / 100 km
- Golf Diesel (100 bis 130 PS): 5,56 Liter / 100 km = 14,678 kg CO2 / 100 km
- Golf Benzin (100 bis 130 PS): 7,32 Liter / 100 km = 17,056 kg CO2 / 100 km
(Quellen: Umweltbundesamt, Spritmonitor.de)
Der Anteil der erneuerbaren Energien im Strommix steigt aber von Jahr zu Jahr, so dass die Bilanz der Elektroautos mittelfristig noch besser wird. Zudem fallen für die Förderung, den Transport, die Raffinierung und Distribution fossiler Brennstoffe weitere CO2-Äquivalente an, die in der Beispielrechnung gar nicht aufgeführt sind.
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